Welche Werte hat sich die Stadtsparkasse München in ihrer 200-jährigen Geschichte bewahrt? Und wie geht sie souverän mit der Zeit? Mit dem Vorstandsteam der Stadtsparkasse München spricht Susanne Breit-Keßler, ehemalige Regionalbischöfin für München und Oberbayern, über gesellschaftliche Verantwortung und die moderne Seite traditioneller Werte.
Als ehemalige Regionalbischöfin beschäftigt sich Susanne Breit-Keßler mit den Werten, die Gesellschaften und Institutionen gleichermaßen prägen.
SUSANNE BREIT-KEßLER
Beginnen wir ganz am Anfang. Die Stadtsparkasse München wurde 1824 gegründet. Wie verhält sich die gesellschaftliche Verantwortung der Sparkasse bei ihrer Gründung zu dem, was sie heute gesellschaftlich zu leisten hat?
SABINE SCHÖLZEL
Ich finde, dass wir direkt daran anschließen. Der Ursprung der Sparkassen-Idee vor 200 Jahren war, dass man allen Menschen Zugang zu Finanzdienstleistungen geben wollte. Und genau das tun wir heute noch.
SUSANNE BREIT-KEßLER
Also auch für den „kleinen Mann“ und die „kleine Frau“. Nicht nur für die, die über viel Geld verfügen.
RALF FLEISCHER
Genau. Wir sind ja eine öffentlich-rechtliche Einrichtung, deren Auftrag durch Sparkassengesetz und Sparkassenordnung definiert ist. Als die Stadtsparkasse München gegründet wurde, stand allein im Vordergrund, dass die Menschen eine Möglichkeit haben, Geld zu sparen, um für das spätere Leben vorzusorgen. Das hat sich im Laufe der Zeit ein bisschen geweitet, und es sind andere Kundengruppen dazugekommen. Der Kernauftrag von damals ist aber unverändert geblieben.
SUSANNE BREIT-KEßLER
Spielt die lange Geschichte und Tradition der Stadtsparkasse München in Ihrer gemeinsamen Arbeit eine Rolle?
DR. BERND HOCHBERGER
Die Tradition verpflichtet. Es ist eine Verpflichtung, etwas, das schon 200 Jahre besteht, auch weiterzuführen. Man möchte nicht derjenige sein, der das beendet oder in ein schlechtes Fahrwasser bringt. Es ist wichtig, sich darauf zu besinnen, wie lang etwas besteht, um nach vorne zu blicken.
STEFAN HATTENKOFER
Andere Banken sind gewinnorientiert. Natürlich müssen auch wir Gewinne erzielen, um das Eigenkapital zu stärken und Geld in den Kreislauf zu geben. Aber bei anderen Banken werden Menschen oft nur als Klientel gesehen. Als Sparkasse sehen wir es als unseren sozialen Auftrag an, für alle Kundengruppen Konten und Finanzdienstleistungen zur Verfügung zu stellen.
Susanne Breit-Keßler (Mitte) mit dem Vorstandsteam der Stadtsparkasse München (von links): Dr. Bernd Hochberger, Ralf Fleischer (Vorsitzender), Sabine Schölzel und Stefan Hattenkofer.
SUSANNE BREIT-KEßLER
Spielen Ihre eigenen, persönlichen Überzeugungen und Werte eine Rolle für das, was Sie hier machen?
DR. BERND HOCHBERGER
Ohne sich mit den Werten zu identifizieren, die Sparkassen verkörpern, würde die Arbeit hier nicht funktionieren. Das gehört zusammen. Zumindest unterbewusst muss es zusammenpassen, weil sonst Konflikte entstehen.
SUSANNE BREIT-KEßLER
Konflikte?
DR. BERND HOCHBERGER
Beispiel Gewinnmaximierung: Wenn ich in einer Privatbank arbeite, habe ich das Ziel, den „Shareholder Value“, den Aktienkurs, zu treiben. Bei der Sparkasse haben wir nicht das Ziel, den Unternehmenswert ins Unermessliche zu steigern.
RALF FLEISCHER
Ein Beispiel aus meiner Laufbahn illustriert das schön. Vor etwa 35 Jahren kam eingewerblicher Kunde zu mir, dessen Privatbank ihm die Kreditlinien gekündigt hatte. In unseren Gesprächen konnte ich aber keine problematischen Punkte erkennen: Die Zahlen waren gut, die Auftragslage ebenfalls, die Kontoführung unauffällig, und der Unternehmer war bereit, sein privates Vermögen als Sicherheit einzubringen. Als ich die Produktionshalle besuchte, war ich sehr beeindruckt: Man hätte dort vom Fußboden essen können, obwohl wirklich mit schwerem Gerät gearbeitet wurde. Alles war von vorne bis hinten optimiert. Etwas Vergleichbares habe ich bis heute nicht wieder erlebt. Es stellte sich heraus, dass das Unternehmen acht Prozent seines Umsatzes in einer Branche erwirtschaftete, die für die Bank zu diesem Zeitpunkt unerwünscht war – die Automobilbranche. Deswegen wurde dem Unternehmen gekündigt. So etwas würde in der Sparkasse nie passieren.
SUSANNE BREIT-KEßLER
In dieser Geschichte steckt ein ganz bestimmter Wert der Sparkasse: Orientierung auf Kundinnen und Kunden.
SABINE SCHÖLZEL
Und der Wert Nachhaltigkeit. Die Besonderheit der Sparkassen ist ja, dass wir uns in einem begrenzten Geschäftsraum bewegen. Bei uns ist das die Stadt München. Wir haben nur dieses Geschäftsgebiet zur Verfügung. Da ist es für uns sehr wichtig, dass wir mit unseren Kundinnen und Kunden eine nachhaltige, auf Dauer ausgerichtete Geschäftsverbindung pflegen. Deshalb gehen wir ethisch fair mit unserer Kundschaft um und agieren auf Augenhöhe.
STEFAN HATTENKOFER
„In guten wie in schlechten Zeiten“ – das ist nicht nur für eine Ehe, sondern auch für eine Sparkasse ein Credo. Es gibt immer wieder Zyklen, in denen ein Kunde, egal, ob privat oder gewerblich, Schwierigkeiten hat. Da agieren wir anders als Privatbanken. Wir begleiten unsere Kundinnen und Kunden. Alle, die mit uns zusammenarbeiten wollen. Das ist einer der Gründe, warum viele Münchnerinnen und Münchner zu uns kommen: Weil wir da sind, gerade wenn es mal schwierig wird.
SUSANNE BREIT-KEßLER
Bei den Anfängen der Sparkasse haben Sie insbesondere die „kleinen Leute“ genannt. Sie haben aber auch Kundinnen und Kunden, die über ein gewisses Kapital verfügen und dabei die Solidarität der Sparkasse schätzen.
RALF FLEISCHER
In unserem Kundenkreis finden sich alle: vom Sozialhilfeempfänger bis zum Multimillionär. Die Mehrheit stammt aus dem Mittelstand, sowohl bei Unternehmen wie auch bei Privatkundinnen und -kunden. Aber insgesamt bildet unsere Kundschaft das ganze Spektrum der Gesellschaft ab.
STEFAN HATTENKOFER
Was alle unsere Kundinnen und Kunden schätzen, ist ein direkter Draht ins Haus. Sie kommen und wollen, dass Entscheidungen in München getroffen werden. Nicht in Mailand, London oder wo auch immer. Sie wissen: Wenn sie Probleme mit ihrer Kreditkarte haben, dann können sie notfalls auch in die Filiale gehen.
SABINE SCHÖLZEL
Das ist es, was die Menschen mögen. Unsere Bodenständigkeit. Dass wir vor Ort sind, gleichzeitig aber eine moderne Bank mit allen Annehmlichkeiten der digitalen Welt. Ich finde zudem, dass wir in Krisensituationen immer Stabilität ausgestrahlt haben. Etwa in der Coronapandemie: Wir haben sehr schnell dafür gesorgt, dass wir sichere Arbeitsplätze haben und weiterhin für die Kundinnen und Kunden da sind. Wir haben gewährleistet, dass das Bargeld nicht ausgeht, und jeder weiß, dass sein Geld bei der Sparkasse sicher ist. Das haben andere Banken nicht so intensiv gemacht wie wir. Im Gegenteil, viele haben ihre Filialen geschlossen.
SUSANNE BREIT-KEßLER
Wir haben zuvor Ihre eigenen Werte angesprochen. Können Sie realisieren, was Sie für wichtig halten?
RALF FLEISCHER
Ich merke – wenn ich meine Werte als Maßstab nehme –, dass sich gesamtgesellschaftlich etwas verändert. Verlässlichkeit und Bodenständigkeit, Respekt und Fairness sind für mich sehr wichtig. Und ich stelle fest, dass der Umgang der Menschen miteinander sich immer weiter von diesen Werten entfernt. Dafür werden in meiner Wahrnehmung Spaltung, Gruppenbildung und das Zeigen mit dem Finger auf andere immer stärker. Für mich geht so der gesellschaftliche Zusammenhalt verloren. Das halte ich für eine große Herausforderung.
DR. BERND HOCHBERGER
Im Gegensatz dazu ist es sehr schön, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein gemeinsames Werteverständnis haben. Ohne dieses könnten sie nicht den größtmöglichen Mehrwert für sich und unsere Kundinnen und Kunden schaffen. Ich erlebe es oft, dass Kolleginnen und Kollegen, die in neue Positionen kommen und neue Aufgaben übernehmen, über sich hinauswachsen und einen herausragenden Job machen. Das hat auch mit Identifikation zu tun – und natürlich damit, dass wir ihnen diese Chance geben.
SUSANNE BREIT-KEßLER
Kann die Stadtsparkasse München mit all den Traditionen, mit dem, was sie bisher geleistet hat, noch eine neue Prägekraft entfalten in der Gesellschaft?
SABINE SCHÖLZEL
Ich glaube, wir sind absolut im Zeitgeist und moderner denn je mit den Werten, die wir haben. Nachhaltigkeit, Fairness, Regionalität – das sind genau die Themen, die gerade bei der jüngeren Generation eine riesige Rolle spielen. Diversität leben wir jeden Tag. Das alles haben wir in unserer DNA. Und in 200 Jahren haben wir gezeigt, dass wir zur Innovation fähig sind. Wir sind ein modernes Institut mit traditionellen Werten, die gleichzeitig sehr zeitgemäß sind.
SUSANNE BREIT-KEßLER
Sie müssen sich jetzt nichts Neues ausdenken?
SABINE SCHÖLZEL
Natürlich muss man sich immer neu erfinden. Wir müssen jeden Tag schauen, wie sich die Welt entwickelt und was unsere Kundinnen und Kunden brauchen. Was es für neue Technologien gibt, die für uns und unsere Kundschaft relevant sind. Das hört nie auf.
STEFAN HATTENKOFER
Wenn wir das nicht gemacht hätten, dann wären wir auch keine 200 Jahre alt geworden. Wir werden unsere Sparkasse immer weiterentwickeln. Jeden Tag etwas Neues machen, erfinden oder adaptieren - und trotzdem unseren Werten treu bleiben. Sehen Sie sich die Vögel an! Das sind eigentlich Dinosaurier, die sich immer angepasst haben. Und wir sind ähnlich. Wir passen uns an, ohne auszusterben. Man muss sich auf seine Werte verlassen, wenn man sich weiterentwickelt, und sie zeitgemäß interpretieren.
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